Die Sache mit dem Logo
Am gestrigen Abend dann doch noch die erste Medaille für die deutsche Olympiadelegation! Aber das Unwort der ersten olympischen Tage steht dennoch fest: „Medaillenhoffnung“. Nachdem grossangekündigte deutsche Favoriten den Einstieg in die Wettkämpfe etwas verschliefen (u. a. Schwimmen Damen + Herren, Säbelfechten der Herren, Strassenradrennen Herren + Damen, Skeet-Schiessen Damen) und zwischenzeitlich sogar Moldawien in der Gesamtwertung an der deutschen Mannschaft vorbeigezog, sprachen die Kommentatoren bei ARD und ZDF schon von Enttäuschung und forderten von Sportlern und NOC-Funktionären erste Stellungsnahmen. Liebe Fernsehmacher: Lasst doch einfach dieses ständige Locken mit irgendwelchen Erfolgsaussichten der deutschen Athleten und fesselt uns lieber mit den vielen tollen Bildern von spannenden Wettkämpfen!
Das Schöne an Olympia sind ja nicht nur die grossen Siege, sondern vor allem die kleinen Beobachtungen und Geschichten am Rande. So musste ich beispielsweise schmunzeln beim Blick auf die Zeitplan-Übersicht von olympia.ard.de. Dort hiess es: „30.07., 11:30 Uhr – Fechten (Degen Einzel)“. Dürfen wir dann auch einem Degen Doppel entgegenfiebern, bei dem sich vier Fechter auf der Planche gegenüberstehen (auch als Mixed-Wettbewerb)? Und ist dann das Highlight der Veranstaltung die Entscheidung im Degen Mannschaft – zwei Teams à elf Fechter liefern sich auf der schmalen Bahn ein Hauen und Stechen? Das dürften spektakuläre Bilder werden! Hoffentlich verheddern sich dabei nicht die ganzen Kabel für die Trefferwertung…
DIE SACHE MIT DEM LOGO
Nur einmal habe ich darüber etwas gelesen, doch seitdem sehe ich im Olympia-Logo nichts anderes mehr, als die schattenrissartige Darstellung eines Blowjobs der Comicfigur Lisa Simpson bei ihrem Bruder Bart. Psychische Konditionierung? Egal – ab sofort werdet auch Ihr, liebe Leser, ausnahmslos dieses Bild vor Augen haben, wenn Ihr das Olympia-Logo betrachtet!
Das Zeichen wurde übrigens entworfen von der Londoner Markenberatung WOLFF OLINS. Das Emblem soll in der grafischen Überarbeitung der Jahreszahl „2012“ die olympischen Markensäulen „Zugang, Teilnahme, Anregung und Begeisterung“ symbolisieren und die markenorientierte Welt widerspiegeln, in der sich insbesondere junge Menschen nicht mehr mit statischen Logos identifizieren wollen. Die Entwicklungskosten betrugen rund 400.000 Pfund. Schon 2007 warnte die Vereinigung EPILEPSY ACTION, dass das Betrachten der Grafik epileptische Anfälle auslösen könnte!
SCHUSS INS UNGEWISSE
Eine erzählenswerte Geschichte ist auch die des Südkoreaners Im Dong Hyun. Er hat ein Handicap: Herr Hyun hat nur noch maximal zwanzig Prozent Sehkraft. „Ich sehe die Dinge so, als ob ich durch tiefes, trübes Wasser schaue“, beschreibt der Koreaner seine Wahrnehmung.
Im Dong Hyun ist olympischer Bogenschütze, Weltrekordhalter und Führender nach der Vorrunde. Die Scheibe steht siebzig Meter entfernt, der 10-Punkte-Ring hat einen Durchmesser von 12,2 Zentimeter. Und Hyun trifft trotz seiner eklatanten Sehschwäche sehr häufig in’s Schwarze. Wie er das macht? Täglich bis zu zehn Stunden Training. Und im Wettkampf verlässt er sich auf Intuition, Gefühl und Erfahrung. Wir finden das toll!
[Nachtrag: Der sehbehinderte Bogenschütze Im Dong Hyun erreichte das Achtelfinale und scheiterte dann gegen den späteren Bronzemedaillensieger Rick Van Der Ven.]
Mit deinem „Bild“ des Emblems liegst richtig: Wenn ich deine Interpretation mit “Zugang, Teilnahme, Anregung und Begeisterung” vergleiche – kommt das schon hin…
Dong Hyun bewundere ich.