Archiv

Schlagwort-Archive: Katja Lenz

“Hier ist Ihre Ausweiskarte und die Besuchernummer. Nehmen Sie im Wartesaal Platz, Sie werden dann aufgerufen!“ • “Die Besucher mit den Nummern 11 bis 15 werden gebeten, sich umgehend am Beratungsschalter einzufinden. Die Besucher mit den Nummern 11 bis 15, bitte!“ • “Füllen Sie dieses Formular aus und begeben Sie sich in das Amtsgebäude, dritte Etage!“ • “Bitte händigen Sie mir Ihren ausgefüllten Anmeldebogen aus und legen Sie den Ausweis vor. Das Beratungszimmer betreten Sie erst, sobald das Glockensignal ertönt!“

Rumgerenne, Rumgehetze, Warten, Formulare ausfüllen. Die vorab ausgehändigte Informa-tionsbroschüre rät: “Bitte seien Sie freundlich und geduldig, unsere Mitarbeiter versuchen alles, um einen schnellen Ablauf zu gewährleisten“. Der ganz normale Ämterwahnsinn – diesmal allerdings freiwillig, freitagsabends um 21 Uhr!

(Foto: Katja Lenz)

Wir befinden uns im AMT FÜR UMBRUCHSBEWÄLTIGUNG – einem Projekt im Rahmen der Veranstaltungsreihe DEMON-STRATIONEN. VOM WERDEN NORMATIVER ORDNUNGEN, die vom Frankfurter Kunstverein in Zusammenarbeit mit dem Exzellenzcluster Normative Orders der Goethe-Universität konzipiert und durchgeführt wird.

Das Projekt (seit 18. Januar bis 25. März 2012) greift die Situationen auf, in denen wir – das Individuum – die Konfrontation mit dem Ordnungssystem spüren, in das wir eingebunden sind. Dieses System kann durch Repression oder auf der Basis eines demokratischen Regelwerks hergestellt worden sein, das sich freiheitlichen Werten verpflichtet. Dennoch erleben wir gegenwärtig immer häufiger die Momente des Zweifels, des Protests oder der Resignation. Beispiele sind die Occupy-Bewegung, Attac, Stuttgart21, wütende Demonstrationen in Südeuropa und die Revolutionen im arabischen Raum, aber auch die Parolen am Stammtisch, das pauschale ‚die da oben‘, ‚die Banker‘, ‚jaja, die Herren Politiker‘, das Aufblühen des Nationalismus und die sog. Politikverdrossenheit einschliesslich des Nichtwählens.

Das Projekt zeigt durch unterschiedlichste Mittel (z. B. Ausstellung, Vorträge, Darstellende Kunst / Theater / Aktionskunst) auf, wo die Grenzen zum Aufbegehren bestehen oder wie die Mittel des Protest aussehen können. Die komplette Veranstaltungsreihe im kalendarischen Überblick ist hier zu finden.

Freitagabend also der ‚Gang auf’s Amt‘. Der Abend beginnt mit einer Podiumsdiskussion in der Cafébar des Kunstvereins, Thema: In welcher Welt leben wir? Die Professoren Frau Rebentisch (frau verzeihe mir das fehlende „Innen“), Herr Vogl und Herr Honneth debattieren darüber, ob die aktuelle Situation (Politik augenscheinlich vom Finanzmarkt getrieben) systembedingt, bewusst oder aufgrund von Fehlern besteht und welche Möglichkeiten des Änderns in Frage kämen. Sehr erfrischend die gute Moderation durch Rainer Forst, doch leider gibt es ein Zeitlimt und nach anregenden 1 1/2 Stunden muss die sehr interessante Debatte beendet werden – das AMT FÜR UMBRUCHSBEWÄLTIGUNG ruft!

Der Weg, interessierte Bürger zu Gesprächen mit Experten über die Hauptthemen Demokratie und Freiheit, Globale Phänomene und Ökonomie und Gerechtigkeit zu führen, war konzeptionell äusserst spannend, originell und unterhaltsam. In den Räumen des Presseamtes öffnete der Frankfurter Kunstverein gemeinsam mit den Experten der Goethe-Universität von Freitag bis Sonntag eine ‚Behörde‘ einschliesslich aller bürokratischen Hürden: Das Beantragen von Ausweisen, das Ausfüllen von Formularen, diverse Wege von Schalter zu Schalter und Raum zu Raum und natürlich die obligatorischen Wartezeiten.

Nach dem endlosen Ritt auf dem Amtsschimmel sitzt man dann endlich dem gewünschten Experten gegenüber, in meinem Fall die Volljuristin Monika Bruss, die derzeit am Exzellenzcluster der Goethe-Uni zum Thema Internationales und vergleichendes Urheberrecht promoviert. Genau 20 Minuten bekam ich für ein Gespräch über das Thema Urheberrecht im Digitalzeitalter – obsolet oder notwendig? eingeräumt, dann musste auf Signal der Platz für den nächsten Besucher freigemacht werden. Die Unterhaltung verlief sehr interessant, zumal das Thema auch in diesem Blog vor kurzer Zeit behandelt wurde (siehe hier und hier).

Weitere Gesprächsangebote am Freitagabend waren beispielsweise Frauen im Islam, Paradoxien der Freiheit, Deutsche Aussenpolitik im Wandel, Arbeit und Anerkennung oder die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf den Neoliberalismus. Für den neugierigen Bürger also eine interessante Palette an Themen, um sich mit Umbruch und Veränderung zu beschäftigen.

Diese Expertengespräche in den Rahmen eines Behördengangs zu packen, halten wir für eine ausgesprochen witzige und durchdachte Idee! Den bürokratischen Verwaltungsakt kann man als stellvertretend für die postdemokratische Technokratie betrachten, auf die wir uns zubewegen. Die anschliessende Unterhaltung mit den Denkanstössen ist dann der Moment des Bruchs. Zudem macht der ‚Amtsbesuch‘ aus Teilnehmern aktiv Mitwirkende an diesem Kunstwerk – mittendrin statt nur dabei!

Beim späteren Gedankenaustausch mit Apfelsaftschorle und Rothaus Tannenzäpfle sind wir uns einig: Eine äusserst gelungener Abend, der Spass und Ernsthaftigkeit hervorragend kombiniert hat!

(Alle Fotos: Katja Lenz)

(Informationen: Frankfurter Kunstverein | Amt für Umbruchsbewältigung)

Das Entree (Foto: Katja Lenz)

Keine Sorge – dieser Blog wird auch weiterhin nicht hauptsächlich zum Photografie-Besprechungs-Blog mutieren. Bei der Photografin Katja Lenz mache ich jedoch immer mal wieder gerne eine Ausnahme, weil ihre Arbeiten exemplarisch sind für die Schwierigkeiten und Anforderungen, denen ein Kameramann / eine Kamerafrau begegnen muss. Aus meinem eigenen Berufsalltag sind mir die Differenzen zwischen Erwartungshaltung des Kunden und Umsetzbarkeit bekannt: Wir müssen zufrieden-stellende Ergebnisse liefern unabhängig von den gegebenen Voraussetzungen. Der Kunde ist König.

Der Auftrag: Der Whiskey-Produzent Jack Daniels hat im Rahmen eines Gewinnspiels sechs Damen zum zweitägigen Lady-Training nach Frankfurt eingeladen. Lady-Training? Neben Shopping und Stylingtipps standen u.a. eine Einleitung ins Pokerspiel, perfektes Golf-Putten und Flight-Training am Flugsimulator der Lufthansa auf dem Programm! Feine Ladies…

Die Fotografin sollte das Wochenende im Sinne des Kunden ansprechend dokumentieren, Stil und Style dem Auftraggeber (Exklusivmarke ‚Gentleman Jack‘) gerecht werden. Und – nicht zu vergessen – immer diskret im Hintergrund agierend, um die Abläufe nicht zu stören!

Die Umsetzung: Die Problematik dabei… Zeit für Vorbereitungen (z.B. Beleuchtung oder gestellte Aufnahmen) gab es nicht. Ständig wechselnde Locations. Widrigkeiten wie eine eigentlich viel zu dunkle Bar. Zeitdruck. Natürliche Personen statt Models. Also Photos aus der Hüfte. Aber wer es kann, der kann. Daher der heutige Artikel mit grosser Hochachtung für die Lenz’sche Arbeit!

Wer es sich anschauen möchte, klickt hier!

Unglaublich: Fotografin missbraucht Frankfurter Fotomodell für Imagebroschüre der Stadt Offenbach!

Unter Vortäuschung falscher Tatsachen („Komm, lass uns einen Ausflug machen“) wurde der Autor dieser Zeilen, der auf internationaler Bühne als bekanntes Fotomodell arbeitet und gebürtiger Frankfurter ist, in das unbedeutende Städtchen östlich der wunderschönen Mainmetropole gelockt. Auf einem Aussichtsturm, der eher ein ‚Türmchen‘ (24 Meter) ist und nie und nimmer vergleichbar mit unserem Goetheturm (43 Meter) oder gar dem Ginnheimer Spargel (338 Meter), abgelenkt vom Panorama und vom guten Wetter, wurde er fotografiert. Darauf angesprochen, antwortete die Frau mit der Kamera abwinkend: „Och, nur zur Erinnerung“.

Der Beweis: Auszug aus der Broschüre (Foto: Katja Lenz)

Dass ein halbes Jahr später dieses Foto in einer Imagebroschüre der Stadt Offenbach erscheint, ist eine unfassbare Geschichte! Der Autor diese Zeilen wird sich rechtliche Schritte vorbehalten und auf Wiedergutmachung pochen. Zudem spiegelt die Publikation durch die hervorragenden Bilder der Fotografin Ansichten einer Stadt vor, die der Wirklichkeit gar nicht entsprechen können, da es sich bei Offenbach lediglich um eine unattraktive Häuseransammlung im Osten Frankfurts handelt.

Nachtrag: Um nicht den Zorn der GöttInnen auf mich zu ziehen, nachfolgend eine Richtigstellung…

Frau Lenz bei der Arbeit

Im Sommer 2011 konnte ich die schon häufiger erwähnte Fotografin Katja Lenz begleiten und ihr bei Arbeiten für die Broschüre INSIDE OFFENBACH assistieren, die am gestrigen Donnerstag durch die Stadt offiziell vorgestellt wurde. Durch meine Teilnahme bekam ich einen Einblick in die Widrigkeiten und Anforderungen, mit denen ein Fotograf bei einem solchen Projekt konfrontiert wird. Aussen- und Innenaufnahmen, Detailbilder, Personen in Aktion, dazu der Zeitdruck, Sonderwünsche des Auftraggebers und unplanbare Einflüsse wie zum Beispiel das Wetter fordern viel Geschick, technisches und fachliches Können, Intuition, Flexibilität, Einsatz und das richtige Auge. Ein störender Luftballonverkäufer in der Fussgängerzone, ein toller Blick vom Schneckenberg (ehemalige Mülldeponie) über Offenbach und Frankfurt, fotografische Experimente während der Blauen Stunde, selber für die Kamera Modell stehen oder sitzen oder Marktgemüse in’s Bild halten… es waren lustige und schöne Erlebnisse. Zudem habe ich (man traut sich kaum es auszusprechen) tatsächlich liebenswerte Seiten der Nachbarstadt Frankfurts kennengelernt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen – die Broschüre mit den Bildern von Katja Lenz ist wirklich sehenswert geworden!

Neben ihrer Homepage veröffentlicht Katja Lenz ab sofort in ihrem neuen Blog (katjalenz.wordpress.com), an dessen Entstehung der Autor dieser Zeilen nicht ganz unbeteiligt ist, aktuelle Projekte, Einsichten und Arbeiten. Wer sich für Fotografie interessiert, sollte also immer mal reinschauen!